Manfred von Ardenne entstammte einer großbürgerlichen Offiziers- und Beamtenfamilie, die aus Lothringen über Belgien nach Deutschland gekommen war. Am 20. Januar 1907 kam er in Hamburg auf die Welt. Kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges siedelte er mit seinen Eltern und vier Geschwistern nach Berlin über. Bereits mit elf Jahren bastelte der junge Ardenne Fernrohre, fertigte Fotoapparate an und konstruierte Alarmanlagen.
Mit 16 erstes Patent
In der elterlichen Wohnung experimentierte er in einem eigenen kleinen Labor. Nach einigen gefährlichen chemischen Experimenten wandte sich der Junge allerdings auf Geheiß seiner Eltern einer ruhigeren Beschäftigung zu: der drahtlosen Telegraphie. Als 16-Jähriger erhielt Ardenne bereits das erste Patent für einen elektronischen Filter. 600 weitere Patente sollten im Verlauf seines langen schaffensreichen Lebens folgen.
Abbruch des Studiums
Das Friedrich-Real-Gymnasium verließ er bereits als 16jähriger, um seine ungewöhnliche technisch-erfinderische Begabung durch praktische Ausbildung in einer feinmechanischen Werkstatt weiter zu fördern. Zwei Jahre später begann Ardenne ohne Abitur mit einem Studium der Physik, Chemie und Mathematik an der Universität Berlin, ermöglicht durch die Fürsprache prominenter Wissenschaftler. Nach vier Semestern brach er das Studium jedoch ab, um an der stürmischen Entwicklung der Rundfunktechnik teilzunehmen.
Elektronenmikroskop weckte Interesse von Max Planck
Dank der Lizenzerträge seiner Erfindungen konnte sich Ardenne bereits im Alter von 21 Jahren in Berlin-Lichterfelde ein eigenes Laboratorium für Elektronenphysik einrichten, das sich rasch zu einem Institut entwickelte. Hier arbeitete Ardenne u.a. an einer verbesserten Braunschen Elektronenstrahlröhre, einem Fernseh-Leuchtfleckabtaster und einem Breitbandverstärker. 1930 entstand ein Spezialgerät für die Lungendiagnostik. Auf der Funkausstellung im darauffolgenden Jahr präsentierte Ardenne weltweit als erster ein Fernsehgerät. Auch das erste Raster-Elektronenmikroskop entstand 1937 in seinem Institut. Das nachfolgende Elektronenmikroskop höchster Auflösung weckte das Interesse von Max Planck.
Staatspreis der UdSSR und Stalinpreis
Vom Kriegsdienst freigestellt, beteiligte sich Ardenne an der Entwicklung der Radartechnik und entwickelte in seinem unterirdischen Laboratorium ein Zyklotron für Atomversuche und einen Massenspektrographen. Noch 1945 wurde er in den Reichsforschungsrat berufen. Wenige Monate später sollte er seine Forschungen und Versuche im Dienste der Sowjetunion betreiben. Er wurde interniert. In einem ihm eigens dafür zur Verfügung gestellten Institut in Suchumi im Kaukasus entwickelte Ardenne ein Isotopen-Trennverfahren, das die industrielle Gewinnung von Uran 235 ermöglichte. 1947 erhielt er einen Staatspreis der UdSSR und 1953 den Stalinpreis.
Mitglied des Forschungsrates
Ardenne kehrte im April 1955 aus der Sowjetunion zurück und entschied sich, in der DDR ansässig zu werden; er befürchtete ansonsten den Verlust seines umfangreichen Laboratoriums, das beschlagnahmt und mit nach Russland transportiert worden war. Der Wissenschaftler errichtete in Dresden auf dem "Weißen Hirsch" das "Forschungsinstitut Manfred von Ardenne", das zunächst vornehmlich auf den Gebieten der Elektronen-, Ionen-, Kernphysik und Übermikroskopie arbeitete, später im Bereich der medizinischen Elektronik und Physik. Das Institut mit rund 500 Mitarbeitern betrieb vorwiegend industrienahe Forschung. 1956 übernahm Ardenne den Lehrstuhl für elektronische Sonderprobleme der Kerntechnik an der TU Dresden. In den Forschungsarbeiten wurde ihm weitgehend freie Hand gelassen. Seit 1957 war Ardenne Mitglied des Forschungsrates der DDR.
Positive Ergebnisse in der Krebs-Forschung
Ab Mitte der 60er Jahre lag der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten auf medizinischem Gebiet. Berühmt wurde Ardennes "Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie". Ebenso konnte mit der von Ardenne entwickelten systemischen Krebs-Mehrschritt-Therapie nach 30jähriger intensiver Forschung positive Ergebnisse erzielt werden. Beide Therapien werden in der hauseigenen Klinik des Ardenne-Institutes durchgeführt.
Sieben Thesen zur Effizienzerhöhung
Der Physiker war zwar nie Mitglied der SED, stand aber lange Zeit hinter den Zielsetzungen der Partei, die ihn und seine Arbeit förderte. Später kritisierte er das System zunehmend, machte Reformvorschläge und begrüßte im November 1987 die Entwicklung in der Sowjetunion unter Gorbatschow. Im September 1989, unmittelbar vor der politischen Wende der DDR, äußerte Ardenne öffentlich seine „Betroffenheit über den Zustand unserer Wirtschaft". Vor der Volkskammer stellte er im November 1989 sieben Thesen zur Effizienzerhöhung in der DDR-Wirtschaft vor, die er als "letzte Chance für einen menschlichen, würdigen und attraktiven Sozialismus" bezeichnete. Seine Vorschläge wurden von der Realität überholt.
Im Mai 1997 starb Manfred von Ardenne 90-jährig in Dresden.
Quelle: MDR